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Licht, Farbe, Bewegung –
Drei Begriffe, die das Œuvre von Philipp Geist beschreiben

ULRIKE SCHICK

Die Freuden

Es flattert um die Quelle
Die wechselnde Libelle,
Mich freut sie lange schon;
Bald dunkel und bald helle,
Wie der Chamäleon,
Bald rot, bald blau,
Bald blau, bald grün;
O daß ich in der Nähe
Doch ihre Farben sähe!

Sie schwirrt und schwebet, rastet nie!
Doch still, sie setzt sich an die Weiden.
Da hab ich sie! Da hab ich sie!
Und nun betracht ich sie genau
Und seh ein traurig dunkles Blau –

So geht es dir, Zergliedrer deiner Freuden!

Johann Wolfgang von Goethe
Construction–Deconstruction nannte Philipp Geist seine Projektion, die er auf die Außenfassade des Museums warf. Die Vorbereitung seiner Arbeiten ist immer gleich: Im Vorfeld scannt Geist die genauen Proportionen und Ausmaße des Gebäudes. Entsprechend wurde die Kontur des Hauses, ihre spezifischen Vorsprünge, Segmente und Abmessungen, abrufbar im Computer gespeichert. Vor Ort, zu den Sphären- und abstrakten Klängen von Fabrizio Nocci, demontierte er dann live am Rechner die Fassade und fügte sie wieder neu zusammen. Die Befindlichkeit des Künstlers, der Zufall sowie das Wissen um Ort und Raum kommen in solcher Aktion überein. Gleich einem Dirigenten, der fast spielerisch die Töne abruft, verzaubert er mit Licht und Linien die Geometrie des Gebäudes. Gemäß dem Namen des Museums, der Idee der gegenstandsfreien Kunst, strahlt das Gebäude zunächst in strengem Weiß, gefolgt von linearen Schnitten, die es zergliedern. Immer geht Philipp Geist auf die spezifischen Inhalte der Orte ein, die er bespielt. (Die Installation am Palast von König Bhumibol Adulyadej in Bangkok hatte demzufolge eine gänzlich andere Anmutung
als die des Museums.)

Die Bewegung steigert sich zu rasender Geschwindigkeit, in der Art von blitzenden Laserstrahlen zersägt sie die Architektur. Will das Auge jede einzelne Bewegung nachvollziehen, übersteigt das schnell seine Fähigkeiten. Alsbald wandelt sich die Linearität in flächige Farbigkeit, die nach und nach mit den Worten „construction“ und „deconstruction“ überzogen wird. Versatzstückartig springen und huschen die Formen auf der Oberfläche; flirren, schwingen und pulsieren, ändern gleich der Libelle ihre Farbe und erzeugen so verschiedenste Temperamente. Die weiße Fassade wird zur temporären Leinwand.
Aufbau und Abbau, Vollendung und Vernichtung, Chaos und Ordnung lösen einander ab. Ein wogendes Meer von Farben und Informationen irritiert und verunsichert – untermalt von der Musik, die unter die Haut geht.

Licht scheint mal Eigenlicht, mal Beleuchtungslicht zu sein.1 Mal glüht das Haus aus sich selbst, das Licht und die Farben dringen aus dem geborgenen Inneren der Architektur, mal kommt die Strahlkraft von außen – je nachdem, welche Aufgaben das Licht, die Farben und die Worte zu erfüllen haben. Das tote Gebäude wird zu einem lebendigen Etwas, beginnt ein Eigenleben zu führen, glüht auf, flackert; beginnt, wie mit eigenem Herzschlag zu pulsieren, zu atmen, um alsbald sterbend in sich zusammenzusinken. Manchmal bricht die Fassade in sich zusammen, manchmal gleicht sie einem griechischen Tempel. Abbau und Aufbau halten sich die Waage. Dieses sein Geschöpf lässt Geist zusammenbrechen, sich um die eigene Achse drehen, darniederfallen – nur um ihm gleich darauf wieder zur Auferstehung zu verhelfen. Der Betrachter ist sich angesichts dieser schier unendlichen Abfolge von Eindrücken und perspektivischen Verzerrungen seines festen Standes nicht mehr sicher, zweifelt und taumelt. Von der Bewegung, der Musik, der Form und Farbmalerei – all den mannigfachen Informationen, die er wahrnimmt – wird er aufs Dramatischste erschüttert.
Ein anderer Ort,
andere Inhalte
Der alte Wasserturm in Cuxhaven versinnbildlicht die Zeit, die Zeit im Fluss: „liquid time“. Jede einzelne Sekunde einer ungeahnten Ewigkeit, immer neu und so ganz anders, zieht vorbei.

Geist greift hier die Landschaft mit auf, nicht nur das Gebäude in seiner Beschaffenheit und seiner Kontur. Die umgebende Natur, Bäume, Grasflächen werden in das Bild miteinbezogen, werden zur riesigen Leinwand. Durch künstlichen Nebel gelingt es ihm zusätzlich, in Raum und Luft zu schreiben, ja diese zu bemalen. Die Szenerie wird in dem Maße gespenstisch und unwahr, wie sie Distanz in Nähe verwandelt.

Das kompakte, untersetzte Backsteingemäuer in seiner markanten Erscheinung wird zur Bastion, zur Burg, die sich unter dem Ansturm der ‚fließenden‘ Augenblicke verändert und sich doch standhaft, trutzig dagegen zur Wehr setzt. Gleich einem Crescendo türmt sich auch hier ein nie enden wollendes, wogendes Meer von Farben und Informationen auf. Farbklänge hüllen das Gemäuer in mattes, rotlastiges Braun, alsbald erscheint es in strahlendem blauen Rosa, nur um sich gleich wieder in der eigenen rostigen Farbigkeit der Mauerziegeln zu präsentieren. Sekunden fliehen und fliegen in wesenhafter Erscheinung über das Backsteingebäude mit nur einem Ziel: der Überwindung von Raum und Zeit.

Raum und Zeit, Licht und Farbe sind die Erscheinungen und Begriffe, die Geists Videoarbeiten zugrunde liegen. Seine Arbeiten sind nicht etwa spektakuläres Entertainment; vielmehr wird das Vorgefundene verhüllt, verändert, infrage gestellt und mit einer neuen Geschichte aufgeladen, wodurch es den Betrachter zwingt, den eigenen Standpunkt neu zu definieren. „Der Künstler wiederholt also nicht etwa nur, sondern setzt den Schöpfungsprozess auf höherer, geistig reflektierter Ebene fort. In Leonardos Worten ist der Künstler ‚Erfinder und Dolmetscher zwischen Natur und Mensch‘, wobei das eine so wichtig ist wie das andere. Im Erkennen des Vorhandenen schafft er Neues, im Schaffen des Neuen erkennt er das Wesentliche. Welterkenntnis und Schöpfermacht vereinigen sich in der künstlerisch bildenden Tätigkeit, die so zur höchsten Tätigkeit des Menschen wird. Der Mensch entdeckt in sich eine Gestaltungskraft, welche die der Natur noch übertrifft: Was die Natur begonnen hat, aber nicht in jedem Fall ganz verwirklichen konnte, führt der Künstler zur Vollendung. Die Natur ist schön, aber schöner noch ist die menschliche Kunst, weil sie frei angewandte Erkenntnis ist, nämlich des gesetzmäßigen Wesens der Natur, das sie rein und unverstellt zur Darstellung bringt“2, schrieb Michael Hauskeller. Gleich einem Flaneur läuft Geist durch die Städte und Orte3, saugt das Gefühl, die Ausstrahlung auf und gibt sie wieder, um sie sich und uns bewusst zu machen.

Die Gebäude, die Natur erscheinen wie Knochen eines Gesichtes, die Farben und das Licht als eine neue Haut – wie es unserer Fantasie beliebt. Diese kann das Gebäude zusammenfügen oder es unter der (alten oder neuen) Haut belassen. Sie kann neue Inhalte hineinprojizieren, alte relativieren. Alles ist im Fluss, alles unterliegt der Veränderung durch die Zeit. Und plötzlich wird die Wahrnehmung, das Sehen und unsere Wahrnehmung infrage gestellt. Wo verbergen sich die Schimären? Wo stehe ich? Was ist das für ein Ort, der mich umgibt, und wie läuft Zeit? Ja, und wie war es hier, bevor ...?

Philipp Geist will neues Bewusstsein schaffen. Er will vor unseren Augen und in unserem Bewusstsein Irritationen hervorrufen und neue Bilder kreieren. Aber nicht um der Irritation als solcher willen. Er versteht sich als Maler, nur dass er eben nicht mit dem Pinsel malt! Er malt uns seine Wahrnehmung und sein Empfinden von Welt und will uns neu sehen lehren.

Die „Idee“ des Ortes liegt allen seinen Arbeiten zugrunde – im Falle unseres Museums
die Bergung gegenstandsfreier Kunstschätze.
Der Künstler greift also das Wesenhafte, das Spezielle, die Inhalte dieses Ortes auf. Hinzu kommt noch das interdisziplinäre Moment: das Spiel mit Worten, Texten aus der Literatur, die er gezielt auf den Ort hin ausgesucht hat. Zwei Phasen hat das Kunstwerk: Eine Phase, in der er frei komponiert, also 1:1 seine Gedanken umsetzt – wie es Pinselstriche in der Malerei tun. Die zweite Phase besteht aus der Präsentation einer Endlosschleife der aufgezeichneten ‚Partitur‘.

Aus der Feder eines Philosophen, Soziologen, Musiktheoretikers und Komponisten stammt die Bemerkung: „Das Feuerwerk ist die perfekteste Form der Kunst, da sich das Bild im Moment seiner höchsten Vollendung dem Betrachter wieder entzieht.“ Was hätte Theodor W. Adorno wohl zu Philipp Geist gesagt? Die alte Idee des Feuerwerkes findet sich, wenn auch nur in Ansätzen, in seiner Arbeit wieder. Geist rekurriert auf diese Idee – und erhöht sie zur Kunst. In der Konsequenz, die er aus ihr zieht, dient sie nicht mehr der Unterhaltung: Sie bewegt uns, zwingt uns zum ernsten Nachdenken über Zeitlichkeit; so werden Werden und Vergehen ins Bewusstsein gerückt.

So konsequent, wie er in seinen Projektionen vorgeht, verfährt er auch mit seinen fotografischen Arbeiten. Nur vermeintlich findet das Auge hier einen Halt, eine Ruhe, die der Wirbel der Projektionen ja von vornherein verweigert. Sind diese Fotografien Malerei oder die reine Wiedergabe von lichthaften Phänomenen? Geist erklärt nicht, wo oder wie die Arbeiten entstanden sind. Mal sind es hochglänzende Abzüge auf Dibond, mal setzt er sie auf kostbares, dichtes Papier; mal erwecken sie den Anschein von Radierungen in grauem Licht, mal erinnern sie an altmeisterliche Gemälde. Allen Fotografien eignet eine narrative Qualität, die mit der Kunstgeschichte assoziiert ist. Man fühlt sich erinnert an Francisco de Goyas Hund4 oder denkt an ein Gemälde von Gerhard Richter. Waldstücke, Seen, Wasser, alles ist malerischer Qualität, umgesetzt in Licht und Farbe.

Betrachtet man Philipp Geist, wie oben angedeutet, als Flaneur, begleitet man ihn aufmerksam, schaut man mit seinen Augen, so schenkt er einem seine Welt – die Welt des Lichtes, das zur Erkenntnis führt.

 

1 Vgl. Wolfgang Schöne, Über das Licht in der Malerei, Berlin 1989,
S. 14: „Da es (das Licht von außen; d. Verf.) (...) im Wesentlichen dadurch bestimmt ist, (…) dass es die Bildwelt beleuchtet, möchte ich es (...) mit ‚Beleuchtungslicht‘ bezeichnen. Das ‚Eigenlicht‘ (...), da es als der Bildwelt immanentes Licht diese selbst auf den Betrachter ausstrahlt, besitzt zugleich den Charakter eines unmittelbaren ‚Sendelichts‘.“

2 Michael Hauskeller, Was ist Kunst?, Positionen der Ästhetik von Platon bis Danto, München 2004, S. 31.

3 Vgl. Claudia Taller (www.claudia-taller.at/flaneur-literatur.shtml): „Flanieren ist die gemächliche Fortbewegung in der Stadt, wobei man beobachtet, beobachtet wird, sich dessen bewusst ist und sich demnach in Szene setzt. Flanieren ist eine Art Lektüre der Straße, in denen alle Eindrücke von Straßencafés bis zu Personen, die einem mit der vorbeilaufenden Bewegung auffallen, sich wie in einem Heimkino im Kopf zusammensetzen.“

4 Francisco de Goya, Hund, 1820/1823, Museo del Prado, Madrid.

 

Light, Colour, Movement –
Three Concepts in Philipp Geist’s Oeuvre

ULRIKE SCHICK

Joy

A DRAGON-FLY with beauteous wing

Is hov’ring o’er a silv’ry spring;

I watch its motions with delight,

Now dark its colours seem, now bright;
Chameleon-like appear, now blue,

Now red, and now of greenish hue.

Would it would come still nearer me,

That I its tints might better see!

It hovers, flutters, resting ne’er!
But hush! It settles on the mead.

I have it safe now, I declare!
And when its form I closely view,

’Tis of a sad and dingy blue –
Such,
Joy-Dissector, is thy case indeed

Johann Wolfgang von Goethe

Construction–Deconstruction: this is the title Philipp Geist gave his projection onto the façade of the museum. His preparations invariably follow the same routine: in the run-up, Geist scans the precise proportions and dimensions of the building in question. Accordingly, the shape, specific projections, segments and measurements were fed into his computer and stored for future recall. Then, when on site, he dismantled and reconfigured the façade live on the computer to the accompaniment of Fabrizio Nocci’s celestial music. The artist’s sensibility, chance, as well as knowledge about the specific location and the space itself, coalesce in actions of this kind. Not unlike a conductor who almost playfully summons up the various tones from the orchestra, Geist conjures up the geometry of the building using light and lines. In keeping with the name of the museum and with the concomitant idea of non-figurative art, the building is initially swathed in an austere white followed by linear cuts, which divide it up into segments. Geist always addresses the specific content of the places he features (the installation at The Grand Palace of King Bhumibol Adulyadej in Bangkok, for example, imparted a wholly different impression to that of the museum).

The movement becomes increasingly intense, accelerating to phenomenal speeds, dissecting the architecture with flashing laser beams. Should the eye deign to assimilate each individual movement, it will quickly exceed its capabilities. No sooner has this happened, the linearity transforms itself into an extensive frieze of colour, which is gradually covered with the words “construction” and “deconstruction”. The shapes on the surface leap and dart like set-pieces; hovering, oscillating and pulsating, they change their colour like the dragon fly and in so doing, create the most varied moods. The white façade becomes a temporary, provisional canvas.
Construction and deconstruction, completion and destruction, chaos and order follow one another in sequence. A billowing sea of colour and information disorients and undermines the viewer – accompanied by the underlying music, which gets under your very skin.

At times, light appears to be intrinsic light and then suddenly illumination,1 sometimes the building itself emits a glow, the light and the colours shine out from the hidden interior of the architecture, then again sometimes the illuminating rays come from outside according to the duties that light, the colours and the words themselves have to perform. The dead building becomes a living “entity”, it starts leading its own life, it lights up, flickers; it begins to breathe, pulsating with its own heartbeat, only to die down and sink into itself. Sometimes the façade collapses, sometimes it resembles a Greek temple. Deconstruction and construction balance each other out. Geist allows his creation to collapse, to turn on its own axis, to fall down on the spot – only to resurrect it immediately once more. The viewer is no longer confident of his own position in view of this wholly infinite sequence of impressions and perspectival distortions – he starts to doubt and begins to sway. The movement, the music, the form and the painting with colours – all of the manifold pieces of information he perceives – shakes him to the core in dramatic fashion.
A different place,
different content
The old Water tower in Cuxhaven embodies time, the flow of time: “liquid time”. Each individual second of an unimagined eternity slips by, always new and thus quite different. Geist also incorporates the landscape here, not just the building in its constituency and its shape. He incorporates the natural environment, trees, meadows etc. into the image and they become a gigantic canvas. He also manages to write on space itself and the air, indeed even paint on them by using artificial fog. Commensurately, the scene becomes spectral and unreal in the way it converts distance into proximity.

The compact, stocky brick wall becomes a bastion by means of its marked appearance, it becomes a citadel, which morphs under the attack of “liquid” moments and defends itself valiantly, even defiantly against this onslaught. Like a crescendo, a seemingly never-ending, heaving sea of turbulent colour and information towers up. Resonating colours clad the walls in a matt, heavily reddish-brown, only to be suffused with a brilliant blue/pink soon after, and ultimately to present themselves once more in the natural rusty hue of the brickwork. Seconds fly palpably by across the brick building with only one aim in mind: the transcendence of space and time.

Geist’s video works are predicated upon the physical manifestations of space and time, light and colour. Yet his works aren’t spectacular entertainment; rather, whatever ‘found’ structure he deploys is duly masked, altered, questioned and charged with a new countenance, whereby the viewer is forced to redefine his own position. “The artist doesn’t merely repeat things, but continues the process of creation on a higher, intellectually more reflective plane. In the words of Leonardo, the artist is both ‘inventor and interpreter between nature and man’, whereby both qualities are equally important. By recognising what is disposable or available, he creates something new, and in the creation of something new, he recognises what is essential. Knowledge of the world and the power of creativity combine in artistic activity, which then becomes the highest form of human behaviour. Man discovers himself through his creative power, which exceeds that of nature: the artist completes what nature began but could not always realise in every situation, nature is beautiful, but human art is more beautiful because it constitutes freely applied insight, namely the codified essence of nature, which is able to represent it in a pure and undistorted way”,2 writes Michael Hauskeller. Rather like a flâneur, Geist strolls through cities and localities,3 he absorbs the feeling, the radiance and returns it in order to make it and us aware.

The building itself and nature appear to be like the bones of a face, the colour and the light as a new skin – as our imagination would have it. This imagination can reconstruct the building or leave it beneath the (old or new) skin. It can project new content into it, and relativise the old. Everything is in flux; everything is subject to change at the hands of time. And suddenly perception itself – seeing and our perception – are questioned. Where are the chimeras hiding? Where am I standing? What kind of place surrounds me and how does time actually pass?
Yes, and what did it use to look like here …?

Philipp Geist wants to smelt a new consciousness; he wants to conjure up confusion before our eyes and in our minds, not to mention the creation of new images, but not for the sake of confusion per se.
He sees himself as a painter, yet he never paints with a brush! He paints his perception and his feelings about the world for us; he wants to teach us how to look in a new way.

The “idea” of the location is at the heart of all his works – in the case of our museum, the housing of non-figurative art treasures. The artist then takes up the essence, the special quality, the content and context of this site. In addition, there is an interdisciplinary moment: the play on words, texts from literature, which he has deliberately sought with the location in mind. The artwork itself has two distinct phases: one phase in which he freely composes, that is to say, translates his ideas on a scale of one to one – just like brush strokes in painting. The second phase comprises the presentation of a loop of the recorded “score”.

The following comment derives from the pen of a philosopher, sociologist, music theorist and composer: “The firework is the most perfect form of art as the image eludes the observer at the moment of its completion.” What would Theodor W. Adorno have said to Philipp Geist? The old idea of the firework crops up in his work, if only incipiently. Geist has recourse to this idea – and elevates it to the level of art by virtue of the logical conclusion he draws from it; it can no longer serve the purpose of entertainment, it moves us, it forces us to think about temporality. He makes us aware of becoming and decay in this way.

Philipp Geist goes about photography just as systematically as he goes about his projections. The eye only appears to find a point to fix itself upon, a moment of quiet, which the hurly-burly of the projections denies from the outset. Do these photographs actually constitute painting or the pure reproduction of light phenomena? Geist doesn’t elaborate upon where and how these works came into being. Some-times they are high gloss prints on Dibond, sometimes he prints them on precious, thick, high-quality paper; sometimes they seem like etchings in a grey light and sometimes they recall paintings by the old masters. Each photograph posses a narrative quality associated with art history. Franciso de Goyas’s dog4 springs to mind or perhaps a painting by Gerhard Richter. Forests, lakes, water – everything has a painterly quality applied in light and colour.
If, as indicated above, you view Philipp Geist as a flâneur and if you follow him attentively, if you look through his eyes, then he will grant you a world – the world of light that will lead to insight.

 

1 Cf. Wolfgang Schöne, Über das Licht in der Malerei (Berlin, 1989), p. 14: “As it (exterior light: the author) … is primarily determined by the fact … that it illuminates the world of images, I would like to call it ‘illumination’ or ‘incident light’. So-called ‘Eigenlicht’ or intrinsic light … because it emits this in the direction of the observer as the immanent light of this pictorial world, simultaneously has the disposition of an immediate ‘transmitted light’”.

2 Michael Hauskeller, Was ist Kunst?, Positionen der Ästhetik von Platon bis Danto (Munich, 2004), p. 31.

3 Cf. Claudia Taller (www.claudia-taller.at/flaneur-literatur.shtml): “Flâneurie is a leisurely, strolling forward motion in an urban context conducted by the flâneur, an activity in which one observes, is observed, is conscious of this fact and consequently draws attention to it. Flâneurie is a form of reading the street whereby all the impressions one garners whilst strolling by – from street cafés to individuals – are all edited in one’s head not unlike in a domestic cinema.”

4 Francisco de Goya, The Dog, 1820/1823, Museo del Prado, Madrid.

Weniger sehen, um mehr zu sehen
Zu den Fotografien von Philipp Geist

Holger Lund

Um gegenstandsfreie Fotografie zu betreiben, bieten sich einem heute prinzipiell zwei Wege an. Zum einen kann sie rechnerbasiert erzeugt werden, durch rein digitale Prozesse. Und zum anderen kann sie realitätsbasiert erzeugt werden, indem auf eine bestimmte Art und Weise fotografiert wird, die zu einer Abstrahierung von realen Gegenständen führt – bis hin zu deren Unkenntlichkeit.

Philipp Geists Fotoarbeiten haben mit dem zweiten Weg zu tun. Insofern der Grad der Abstrahierung jedoch sehr unterschiedlich ausfällt – mal sind etwa noch Waldelemente zu sehen (Abb. 1), mal ausschließlich farbige Formen (Abb. 2, 3) –, handelt es sich nicht um abstrakte Kunst per se, sondern um eine fotografische Haltung, die näherer Bestimmung bedarf.

Der russische Formalist Viktor Šklovskij schrieb 1916 einen Aufsatz mit dem Titel Kunst als Verfahren. Darin heißt es: Um den Stein steinern zu machen, existiert das, was man Kunst nennt.1 Nun mag man einwenden, der Stein sei doch bereits steinern – wozu also die Mühe? Šklovskij geht davon aus, dass Gewohnheit die Wahrnehmung abschleift, automatisiert, sodass letztlich nur ein Wiedererkennen anstelle eines tatsächlichen, erlebnisvollen Sehens stattfindet. Um diesem auf den Sprung zu helfen, setzt die Kunst insbesondere das Verfahren der Verfremdung ein. Die Dinge fremd machen, ja fast unkenntlich machen, um sie besser sehen zu können – so könnte diese Position zusammengefasst werden. Und sie beschreibt treffend ein Hauptanliegen von Philipp Geists Fotoarbeiten. Sicherlich, das thematische Feld seiner Arbeiten ist der Auseinandersetzung mit Zeit- und Raumstrukturen gewidmet, wobei die Behandlung von Bewegung, Licht und Schatten diese Auseinandersetzung definiert, doch das übergeordnete Ziel ist: Sehen, Wahrnehmen. Was gar nicht so leicht ist, weil zum einen unsere automatisierte, desinteressierte Wahrnehmung aufgebrochen werden muss und zum anderen die Verfremdung die Wahrnehmung erschwert. Und das soll sie auch. Šklovskij zufolge ist die Wahrnehmung Ziel der Kunst, und somit muss sie erschwert werden, um sie zu verlängern, zu intensivieren und so zum Inhalt der Kunst werden zu lassen. Interessanterweise wird dadurch auch die Realität wieder zum Inhalt der Kunst, denn ihre Verfremdung führt wieder auf sie selbst zurück. Nur unter anderen Vorzeichen. Was ist es denn, was Realität ausmacht? Was sind ihre primären Qualitäten? Löst man, wie Philipp Geist in seinen Fotografien, Konturen auf, löst man Bewegung auf, löst man Schärfe auf, verlässt man den evidenten Objektbezug, so eröffnet sich eine andere Sicht auf die Realität. Diese wird ‚wirkliche Wirklichkeit‘, in dem Sinne, dass das, was aus der Realität heraus auf uns wirkt, zur Wirkung gelangt: Farben, Linien und Formen. Das also, was wir primär wahrnehmen. Auf diese Weise wird Realität wieder zum Inhalt der Kunst.

Vielleicht genauso zentral wie das Thema des Wahrnehmens ist bei Philipp Geist dasjenige der Malerei: Malerei durch Fotografie, Malerei mit der Kamera. Als im 19. Jahrhundert die Fotografie als Konkurrenzmedium die Malerei aus ihrer Domäne der Realitätsrepräsentation vertrieb, wandte sich die Malerei in einem kontinuierlichen
Abstraktionsprozess – über den Impressionismus bis zum Kubismus – von der Realität ab und schließlich der Abstrakten Kunst zu. Doch selbst dorthin wurde sie von der Fotografie verfolgt, speziell von der konstruktivistischen und der Konkreten Fotografie. Diese, ihrem Wesen nach nicht abbildungsinteressiert, konzentrierten sich auf das, was die Dinge ausmacht: Linien und Formen (später auch Farben). László Moholy-Nagy und Otto Piene etwa seien hier als Musterbeispiele genannt, deren abstrakte Licht- und Bewegungsarbeiten in Foto, Film und Installation als Bezugspunkte für Philipp Geists Fotografien herangezogen werden können (Seiten 58–61). Doch fließt in diese noch weit mehr ein: frühe Computerkunst und Raster-Noton-artige Minimalästhetik (Seite  67), aber auch futuristische Dynamik (Abb. 5 und Seite 74) und emanationshafte Geisterfotografie (Abb. 4).

Für das Verhältnis von Malerei und Fotografie
zieht Philipp Geist gerne Gerhard Richter heran. Nicht, weil seine Arbeitweise der Richters ähnlich wäre, schließlich stellt er keine fotobasierten Gemälde her, sondern weil das Herausarbeiten spezifisch fotografischer und malerischer Qualitäten, das für Richter kennzeichnend ist, ihn ebenso interessiert. Durch das Auflösen des Abbildhaften, des indexikalischen Charakters der Fotografie in der Fotografie selbst, legt Philipp Geist den Fokus auf malerische Aspekte der Fotografie. Die Defokussierung als Unschärfeerzeugung liefert die Fokussierung auf diese malerischen Aspekte. Oder, nochmals gewendet: Unscharf sehen, um besser zu sehen – so lautet die Formel für die Auflösung des (gegenständlichen) Wiedererkennens, die das (ungegenständliche) Sehen befördert und damit das, worauf es ankommt: die Wahrnehmung.

1 Vgl. Viktor Šklovskij, Die Kunst als Verfahren; in: Jurij Striedter (Hrsg.), Russischer Formalismus. Texte zur allgemeinen Literaturtheorie und zur Theorie der Prosa, München 1994, S. 3–35.

Seeing Less Is Seeing More
On Philipp Geist’s Photographs

Holger Lund

In order to pursue non-figurative photography, there are essentially two paths available to us nowadays: on the one hand, using a computer platform via purely digital processes; alternatively, based on reality, taking photographs in a specific way, which leads to an abstraction from real objects – all the way to their unrecognisability.

Philipp Geist’s photography follows the second path. Inasmuch as the degree of abstraction can be quite varied – sometimes it is possible to see sections of forest (ill. 1), sometimes exclusively series of colourful shapes (ill. 2, 3) – it is not a question of abstract art per se here, but rather a photographic attitude, which demands closer definition.

The Russian formalist Viktor Šklovskij wrote an essay in 1916 entitled “Art as Technique”. It states there: in order to make the stone more stony, a thing exists that we call art.1 One might object, of course, and point out that the stone is already stony – so why go to all the trouble? Šklovskij proceeds from the point of view that habit erodes perception, it automates it, so that ultimately only a form of recognition takes place instead of actual experiential seeing. In order to help it on its way, art introduces the particular process of defamiliarisation. Making things seem unfamiliar or strange, indeed, almost unrecognisable in order to see them better, is perhaps how this position could be best summed up. Moreover, it appositely describes a main concern of Philipp Geist’s photography. Undoubtedly, the thematic area covered by his works is dedicated to an engagement with structures of time and space, whereby the treatment of movement, light and shade defines this engagement, yet the superordinate aim is still seeing, perceiving. By no means a simple feat, because on the one hand our automated, disengaged perception has to be disrupted, and on the other, defamiliarisation makes perception all the more difficult. And so it should. According to Šklovskij, perception is the aim of art and therefore it must be made more difficult in order to prolong it, to intensify and to make it the substance and content of art. Interestingly enough, reality again becomes the content of art thus, because its defamiliarisation leads back to itself, albeit under different auspices. But what distinguishes reality? What are its primary qualities? If you dissolve the outlines, as Philipp Geist does in his photographs, you also dissolve movement, you dissolve focus, if you abandon the manifest reference to the object, then a new view of reality opens up. This becomes “real reality” in the sense that the very stuff that can affect us from within reality derives its impact here: colours, lines and forms. The things then that we perceive first of all. In this way, reality once more becomes the content of art.

Painting is perhaps just as central a topic in Philipp Geist’s work as perception: painting through photography, painting with the camera. During the nineteenth century, after its rival medium photography had successfully driven painting from its domain or role of representing reality, painting turned its back on reality in a continual process of abstraction – via Impressionism all the way to Cubism – and ultimately towards abstract art itself. However, photography itself followed it in this direction, in particular constructivist and concrete photography. This essentially non-representational mode concentrated upon the essence that distinguishes things: lines and forms (later colours as well). László Moholy-Nagy and Otto Piene, for example, are classical exponents here whose abstract works, featuring light and animation in the respective media of photography, film and installation, can be cited as reference points for Philipp Geist’s photography (pages 58–61). And yet many more influences flow into his work, such as early computer art and raster-notonesque aesthetic minimalism (page 67), but also futurist dynamics (ill. 5 and page 74) and spectral paranormal photography (ill. 4).
Philipp Geist likes to draw upon Gerhard Richter when talking about the relationship between painting and photography, not because his method of working might resemble Richter’s – he doesn’t actually produce any photo-based paintings – but because the teasing out of specific photographic and painting qualities, which are characteristic of Richter’s work, also interests him. Philipp Geist places the focus on the painterly aspects of photography by dissolving the figurative, the indexical character of photography within the photograph itself. Defocusing as a way of producing blurry, out-of-focus images delivers the concomitant focus upon these painterly aspects, or put another way: looking at something out-of-focus in order to see better: this is the formula for this dissolution of (figurative) recognition, which promotes (non-figurative) seeing and thereby the very thing that matters: perception.

1 Cf. Viktor Šklovskij, “Die Kunst als Verfahren”, in Jurij Striedter (ed.), Russischer Formalismus. Texte zur allgemeinen Literaturtheorie und zur Theorie der Prosa (Munich, 1994), pp. 3–35.

Aus dem Wald in die Welt
Über die Entwicklung von Philipp Geists Werk

Julia Gwendolyn Schneider

Die erste Ausstellung von Philipp Geist erfolgte an einem eher ungewöhnlichen Ort; sie fand 1996 – der Künstler war 20 Jahre alt – in einem Fichtenwald bei Polling / Weilheim in Oberbayern statt. Mit Absperrfolie hatte Geist ein Gelände markiert, auf dem er den Besuchern seine großformatigen Öl- und Acryl-Werke gleichsam als Teile einer begehbaren Installation präsentierte. Bezeichnend für diesen Auftakt ist, dass er bereits all jene Elemente in sich vereinte, die für Geists späteres Werk prägend werden sollten: Abstraktion, Licht, Bewegung und die Präsentation im öffentlichen Raum. Geists damalige Arbeiten zeigten Tänzer und Trommler, deren Konturen so stark verfremdet waren, dass sie eher Bewegungsspuren denn fest umrissenen Figuren glichen. Hinzu kam das Spiel der durch das Nadelwerk scheinenden Sonnenstrahlen, welches für sich wandelnde Lichtverhältnisse sorgte. Weit entfernt von der tadellosen Beleuchtung eines White Cubes – einer Präsentationsform, der sich der Künstler offensichtlich ganz bewusst entzog –, bildeten die natürlich erzeugten Schattenwürfe und Einstrahlungen eine willkommene atmosphärische Ergänzung zu den gezeigten Arbeiten. Wird außerdem bedacht, wie Geist heute bei seinen Licht- und Videoprojektionen souverän mit Helligkeit und Dunkelheit umgeht und große Gebäudefassaden mit raffinierten Kompositionen bespielt, erscheint rückblickend die damals gewählte Inszenierung sogar noch stimmiger.

Licht, Schatten und Dynamik bilden auch in Geists abstrakten Fotografien, mit denen er im Alter von 13 Jahren noch vor der Malerei begonnen hatte, die zentralen ästhetischen Komponenten. Geschult durch den Anblick der sich ständig wandelnden Wasseroberfläche beim Angeln – eine Aktivität, der er in seiner Jugend häufig nachging –, besitzt Geist ein starkes Gespür für Bewegungs- und Lichteffekte. Nicht die analytisch distanzierte Sicht auf die Natur und seine alltägliche Umgebung, sondern das davon abstrahierte Moment des Fließens fasziniert ihn. Das Medium Wasser inspirierte Geist von Anfang an zu Video- und Fotoarbeiten, wovon auch sein internationales Wasser-Video-Projekt Riverine Zones zeugt, das er 2006 begonnen hat und weiterhin fortsetzt.

Ursprünglich hatte sich Geist für den Auftritt im Wald auch einen Trommelspieler gewünscht, doch fand eine solche – ähnlich konzipierte – Medienkombination erst ein Jahr später ihre experimentelle Umsetzung: Er zeigte ausgewählte fotografische Arbeiten als Diashow, während Martin Gretschmann mit seinem Solo-Elektronik-Projekt Console einen speziell dafür komponierten Live-Sound beisteuerte. Dieses Zusammenspiel von Ton und Bild faszinierte Geist, seine begrenzte Einflussnahme empfand er hingegen als kreative Einschränkung. Um seinen Spielraum zu erweitern, drang er in den Bereich der Club Visuals vor, eine Präsentationsform, die gegen Ende der 1990er Jahre in seiner Wahlheimat Berlin große Bedeutung erlangte, und machte sich als Videogeist schnell einen Namen.

Allerdings erweiterte Geist sein Experimentierfeld für audiovisuelle Projekte schon bald über den Clubraum hinaus. Ausgestattet mit einem großen Repertoire an Rohmaterial und Loops, bestehend aus selbst gefilmten Sequenzen, reagiert er in improvisierten Live-Konzerten auf die experimentellen Klänge von z. B. Schneider TM und fordert diesen im Gegenzug mit seinen visuellen Formationen heraus. Seit einiger Zeit interpretiert er visuell auch live gespielte avantgardistische und klassische Musik, wie z. B. 2004 beim Eröffnungskonzert des Sonar-Festivals in Barcelona das Zusammenspiel des OBC Orchesters mit der elektronischen Avantgarde-Formation Pan Sonic.

Im Gefolge dieser Aktivitäten entfernte Geist sich zunehmend von Bildschirmen und Leinwänden und nutzte das Medium Video als ein hybrides künstlerisches Ausdrucksmittel. Seit seiner ersten flächendeckenden Fassaden-Videoinstallation 2005 in Zürich hat er mit multimedialen Gebäudeilluminierungen ein internationales Renommee erzielt, das ihm die Möglichkeit eröffnete, unter anderem den Palazzo delle Esposizioni in Rom und den Königs-palast in Bangkok zu bespielen. Geists vielschichtige Projektionen bringen Bewegung in die architektonisch definierte dreidimensionale Struktur, egal ob es sich um historische Prachtbauten, das alte Kurhaus in Ahrenshoop vor seinem Abriss oder das Museum gegenstandsfreier Kunst Otterndorf handelt. Die Abstimmung seiner malerischen Formensprache auf die jeweiligen Bauwerke und örtlichen Situationen bildet dabei den Kern seiner dialogischen Arbeitsweise.

Besonders nah bei den Multi-Projektionskonzepten der Expanded-Cinema-Bewegung der 1960er Jahre liegen jene Projekte, die im öffentlichen Raum ein begehbares Bildermeer entstehen lassen. Bei Video-Licht-Installationen, wie Time Fades auf dem Platz des Berliner Kulturforums oder Time Drifts im Rahmen des Mutek Festivals in Montreal, erzeugt die Projektion auf wabernden Nebel eine starke Verräumlichung des bewegten, flüchtigen Lichtbildes. Chaotisch angeordnete Wörter zum Thema Zeit – Metaphern für das Werden und Vergehen – lassen sich im Nebel kurzfristig ausmachen, bevor sie wieder verschwinden. Segmente der Projektion zeichnen sich zudem auf den Körpern der herumlaufenden Besucher ab und lassen sie unweigerlich Teil des Werkes werden. So schafft Geist mit Worten, Sound, Licht, Farben und Formen eine bewegende, raumgreifende und malerische Komposition, deren erzeugte Dynamik zu einer Dimension der aktuellen Raumzeit wird, durch die wir uns unsere eigenen Wege bahnen können. Vielleicht ist es das gewesen, was ihm damals im Fichtenwald vorschwebte.


Out of the Woods into the World
Stages of Development in Philipp Geist’s Work

Julia Gwendolyn Schneider

Philipp Geist’s first exhibition took place in a somewhat unusual location; it was staged in a spruce forest near Polling / Weilheim in Upper Bavaria in 1996 at a time when the artist was only 20 years old. Geist had cordoned off an area of woodland with protective foil in which he presented his large-format artworks in oils and acrylic to visitors as though the paintings were parts of a walk-in installation. What is significant about this first event is the fact that here, Geist had already integrated all of those elements that would become characteristic of his later work: abstraction, light, movement and presentations in public space. Geist’s works at that time presented dancers and drummers whose outlines were defamiliarised to such an extent that they resembled more the traces of movement than clearly delineated figures. The play of sunlight through the latticework of pine branches added a further dimension, providing constantly changing light conditions. Far removed from the immaculate illumination of the white cube-format – a form of presentation, which, manifestly, the artist consciously avoided – the natural cast of shadows and penetrating rays of light constituted a welcome atmospheric complement to the exhibited works. Moreover, when you consider Geist’s masterful deployment of light and shade in his light and video projections and the way in which he fills the façades of large buildings with refined compositions, then his chosen staging at that time seems all the more consistent in retrospect.

Light, shadow and dynamics also form the central aesthetic component in Geist’s abstract photography, which he took up at 13 even before he started painting. Schooled by the sight of the constantly changing surface of the water whilst fishing – an activity he frequently pursued during his adolescence – Geist possesses a pronounced feeling for the effect of movement and light. It is not the analytical, distanced observation of nature and everyday environment, but rather the abstracted moment of flux that fascinates him. Water as a medium inspired Geist to create videos and photography from the very beginning, to which his international water/video project Riverine Zones also testifies, a project begun in 2006 and which is still ongoing.

Originally Geist had also wanted to have a drummer for his show in the forest, but it would take another year for such a similarly-conceived combination of media to find its experimental implementation: he presented selected photographic works as a slide show, during which Martin Gretschmann provided live sound composed especially for the show with his solo electronic project Console. This interplay of sound and image fascinated Geist, whereas he viewed his restricted influence over it as a creative limitation. In order to extend his artistic scope, he moved into the area of club visuals, a form of presentation, which became highly significant in Berlin – his elective hometown – towards the end of the 1990s, rapidly establishing his name as Videogeist.

Quite soon however, Geist extended his field of experimentation for audio-visual projects beyond the club scene. Equipped with an extensive repertoire of raw materials and loops comprising self-filmed sequences, he reacts in improvised live concerts to the experimental sounds of Schneider TM, for example, and conversely challenges them with his visual creations. For some time now, he has been visually interpreting avant-garde and classical music as it is played live, such as the interplay between the OBC orchestra and the avant-garde, electronic band Pan Sonic during the opening concert of the Sonar Festival in Barcelona in 2004.

In the wake of these activities, Geist has increasingly distanced himself from screens and canvases and used video as a hybrid form of artistic expression. Since his first extensive façade-based video installation in Zurich in 2005, he has achieved international recognition through his multi-media illuminations of buildings, which has provided him with the opportunity to feature, among other locations, the Palazzo della Esposizione in Rome and the Grand Palace in Bangkok in his projections. These multi-levelled projections introduce movement into the architecturally defined, three-dimensional formations regardless of their stature, be they illustrious historical buildings, the old Kurhaus in Ahrenshoop before it was demolished, or indeed the Museum gegenstandsfreier Kunst Otterndorf. Thus the balancing of his painterly language of form with respective buildings and locations constitutes the kernel of his dialogue-based way of working.
The projects that come closest to the multi-projection concepts of the Expanded Cinema movement of the 1960s are those that create an outdoor, walk-in sea of images. In the case of video/light installations, such as Time Fades on the square of the Berliner Kulturforum or Time Drifts at the Mutek Festival in Montreal, the projection onto billowing fog creates a strong sense of spatiality for the animated, fleeting images. Chaotically arranged words on the theme of time – metaphors for becoming and decaying – can be briefly made out in the fog before evaporating once more. Sections of the projection also appear upon the bodies of passing visitors rendering them an unavoidable part of the overall work. In this way, Geist creates an animated, spatial and painterly composition using words, sound, light, colour and form, their dynamics becoming a dimension of current space-time through which we can forge our own individual paths. Perhaps this is what he had in mind in the spruce forest all those years ago.